Why does my heart feel so bad?

Manchmal ist es schwer.

Ich meine gar nicht den Beruf an sich, manchmal ist es einfach schwer, das (aus) zu halten, was man hört als Lehrerin oder Lehrer.

“Mein Papa haut mich.”

“Mein Bruder weckt mich nachts und macht komische Sachen.”

“Ich hasse meine Mutter.”

“Wenn ich das zu Hause erzähle, dann krieg ich so eine geklatscht.”

Im Laufe meines Berufslebens habe ich Dinge gehört, die so schwer für mich waren, dass sie mich lange begleitet haben und es manchmal immer noch tun.

Ein Mädchen, das in der 8. Klasse schwanger wurde. Von einem auf den anderen Tag war sie plötzlich weg. Wir haben nie erfahren, was aus ihr wurde. Zwangsverheiratung war mal durchgesickert, aber sicher war das nicht.

Eine Junge der nachts vor der laufenden Waschmaschine schlief, weil er sich so alleine fühlte.

Ein anderer Junge, der erzählte er könne sich mit seiner Mutter nicht reden, weil sie nicht die gleiche Sprache sprächen (Er ist bei ihr aufgewachsen, wie kann das gehen habe ich mich gefragt. Tja, in dem man einfach nicht spricht mit seinem Kind.)

Ein anderer Junge, wurde mit seinem Baby-Bruder zusammen in die Badewanne gesetzt, das Baby ertrank, weil der Junge noch zu klein war, um auf seinen Bruder zu achten, bis die Mutter es merkte, saß der Junge über eine Stunde alleine mit seinem ertrunkenen Bruder in der Badewanne.

Eine Mutter, die die Behandlung der schweren Krankheit ihrer Tochter aus religiösen Gründen verbot.

Das sind keine Märchen. Das ist Realität.

Misshandlung, Missbrauch, Sadismus, Verwahrlosung körperlicher und emotionaler Art, alles das geschieht hier in der Mitte unserer Gesellschaft wir sehen es nur oft nicht.

Aber dann, manchmal, da hören wir davon. Es macht uns schon sehr betroffen, wenn wir das aus den Medien erfahren, wenn wir es von den Kindern erfahren, die vor uns sitzen, die sich uns anvertrauen, die Kinder und Jugendlichen, mit denen wir tagtäglich zu tun haben, dann trifft es uns noch härter.

Mutter zu Beginn eines Gesprächs: “Gott hat die Menschen als Mann und Frau erschaffen, alles andere ist nicht erwünscht.”

Drittklässler beim Fußballspielen mit mir: “Meine Mama schickt mich abends einkaufen. Aber die Geschäfte haben da schon zu. Ich muss dann zum Bahnhof fahren. Aber meistens krieg ich die Sachen gar nicht alle in meinen Rucksack.”

“Wir sind zusammen von Afghanistan geflohen. Aber an der Grenze wurden wir erwischt. Meine Schwester und ich sind gerannt, aber meine Eltern haben sie geschnappt. Ich habe sie seitdem nicht mehr gesehen.” (Achtklässler)

Ich muss oft selbst erstmal schlucken und tief durchatmen. Wie kann man diesen Kindern helfen?

Manchmal gar nicht. Manchmal, wenn Kinder nichts erzählen, bleiben eben auch nur Vermutungen. Manchmal kann man etwas in Gang setzen, Helfersysteme installieren, das Jugendamt informieren (was nicht immer etwas bewirkt).

Sehr oft in diesen Situationen sind wir aber erst einmal mit der gesamten Wucht unserer eigenen Fassungslosigkeit und Machtlosigkeit konfrontiert.

Why does my heart feel so bad?

Weil unsere Schülerinnen und Schüler immer ein Stück weit auch “unsere Kinder” sind. Und wir wollen das Beste für sie.

Jedoch fehlt uns bei diesen unseren Kindern meist einfach der Zugriff oder die Kontrolle über die Situation.

Machtlosigkeit, Betroffenheit und Schmerz führen manchmal dazu, dass wir Mauern um unser Herz aufbauen. Wir tun das nicht unbedingt bewusst, aber wir haben den Drang uns zu schützen.

Lehrer*innen stumpfen ab, werden immer gefühlloser hört man oft. Das soll keine Entschuldigung sein, aber eine Erklärung.

Wie sollen wir mit dieser ganzen Last umgehen?

Das Gefühl sich selbst vor diesem Schmerz schützen zu müssen, wird manchmal übermächtig und dann ziehen wir die Mauern um unser Herz, immer größer, immer dicker, immer mächtiger.

Und es ist wahr, wir werden dann wirklich hart. Wir stumpfen wirklich irgendwie ab. Letztlich geht das aber auf unsere Gesundheit.

Warum sind so viele Lehrkräfte im Burnout? Vielleicht, weil die Last um unser Herz herum, durch die aufgebauten Mauern irgendwann so schwer wird, dass unsere Seele und unser Körper kapituliert.

Wenn Mauern um unser Herz herum sind, dann haben sie den Sinn uns vor Verletzung zu schützen. Nichts soll uns mehr berühren. Das heißt aber auch, wenn nichts mehr herein kann, dann kann auch nichts mehr heraus oder nur mit sehr starkem Kraftaufwand.

Wir verlieren unsere Verletzlichkeit und damit verlieren wir auch unsere Selbstwirksamkeit (die Mauer hält unsere Energie zurück), wir müssen extremen Kräfteaufwand betreiben, um überhaupt Wirksamkeit zu spüren und das strengt an. Jeden Tag mehr.

Zudem kommt, wenn uns nichts mehr berührt was schmerzt, dann kann uns auch nichts mehr berühren, was uns erfreut, was uns glücklich macht, was uns zart macht. Wir bleiben immer starr.

Ein eingemauertes Herz, das schmerzt.

Es klingt schlimm, oder? Aber sei doch mal ganz ehrlich zu dir selbst und beobachte dich im Laufe deiner Berufsjahre.

Ich habe das Glück einen Menschen an meiner Seite zu haben, der mir immer gesagt hat. “Du bist hart geworden!” Dann hatte ich die Chance daran wieder zu arbeiten. Mich meinen Herzenswänden zu stellen, sie ehrlich anzuschauen und sie auch wieder abzubauen.

Wie kann das gehen?

Indem wir offen bleiben, für die Hinweise, die die Menschen, die wir lieben uns geben. Indem wir uns eingestehen, dass wir Wände aufgebaut haben und uns anschauen warum. In dem wir dieses Wände visualisieren und sie in Gedanken abbauen (das kann extrem hilfreich sein).

Indem wir uns wieder berühren lassen ohne Angst die Kontrolle darüber zu verlieren.

Indem wir uns Unterstützung suchen und den Schmerz teilen. Das können liebe Kolleginnen und Kollegen sein, Coaching, Supervision, Therapie…

Es ist okay, wenn dein Herz schmerzt, wenn du schwere Dinge erfährst. Es ist okay, wenn du nicht weiter weißt. Es ist okay, wenn du dich schützen möchtest.

Aber es wird schwerer und schwerer, wenn du aus diesem Schutz nicht mehr herauskommst, wenn er zum Dauerzustand wird. Es wird schwerer, wenn du davon läufst, dich ablenkst davon und ihn unterdrückst.

Es ist möglich verletzlich und kraftvoll zu bleiben. Daran glaube ich fest.

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“My love get’s tougher, when the going get’s rough.”

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“Set your spirit free. It’s the only way to be.”