Hello darkness my old friend.
Oder wie ich gemerkt habe, dass Schwäche manchmal wirklich Stärke bedeuten kann und es nicht nur so ein leeres Gerede ist.
Ich bin kein großer Freund vom “reframen”. Oder sagen wir mal so, reframen kann manchmal ein ganz wichtiges punktuelles Tool sein, aber man kann leicht dazu verleitet werden es zu missbrauchen.
Also reframen, damit meine ich Situationen und Dinge auf eine andere, positive Art und Weise zu betrachten. Das klingt erstmal total gut und sinnvoll und es wird in vielen Coachings und Supervisionen auch so gemacht, aber es hat eben, wie alles, auch eine Schattenseite.
Situationen können immer auf unterschiedliche Weise betrachtet und gedeutet werden. Eine schwierige Situation, kann als schwierig oder als herausfordernd betrachtet werden. Eine Kollegin, die sich in alles einmischt, kann auch als engagiert angesehen werden. Wenn man von einer Erkältung erwischt wird, kann man es als nervig und lästig oder eben auch als Chance zur Auszeit und Regeneration ansehen.
Auch den schwierigsten Dingen, können wir so etwas Gutes abgewinnen.
Es gibt auch ein ganz universelles reframen. Das zeigt sich in Aussagen wie: “Alles hat einen Sinn.” “Man macht keine Fehler nur Erfahrungen.”
Das Prinzip ist klar, oder?
Warum mag ich dann das reframen nicht, es klingt doch alles so toll?!
Genau da ist für mich aber der Haken. Es kann eine Eingangstür zum Verdrängen und zum Wegschauen sein und dadurch viele blinde Flecke fördern oder uns sogar in der Unterdrückung bestimmter Emotionen festigen.
Es klingt natürlich besser, wenn ich sage:
“Ich habe keinen Fehler gemacht, das war eine Erfahrung.”
Und in Wahrheit spüre oder weiß ich genau, dass ich etwas falsch gemacht habe.
“Die Kollegin ist einfach so engagiert und motiviert, deshalb schießt sie manchmal übers Ziel hinaus.”
Wenn sie in Wahrheit jegliche Grenzen überschreitet.
“Es hat alles einen Sinn!”
Wenn ich mich in einer Situation befinde, die mir einfach nicht (mehr) gut tut und ich nicht rauskomme.
Unser Nervensystem, unser Energiesystem, unsere Gefühle aber, kennen kein reframen. Sie können wir nicht täuschen. Gefühle kommen auf, positiv oder negativ und sie haben ihren Platz und ihre Berechtigung.
Nehmen wir sie nicht ernst und reframen alles, dann verlernen wir auf sie zu hören und ihre Botschaften zu verstehen. Dann sind wir schnell in der Unterdrückung. Da die Gefühle sich aber auf Dauer nicht unterdrücken lassen, suchen sie sich früher oder später einen anderen Weg, um von uns gesehen und wahrgenommen zu werden. Und das ist meist schmerzvoller.
Achtung, ich sage nicht: Sieh in allem nur das Negative.
Ich sage nicht: Lass keine anderen Perspektiven mehr zu.
Reframen kann absolut sinnvoll sein, um aus einer Abwärtsspirale auszusteigen. Es kann uns helfen unseren Blick zu erweitern und uns selbst unterbrechen, wenn wir keinen Ausweg mehr sehen oder uns in Gedankenspiralen verirren.
Aber es sollte niemals unser einziges Tool sein.
Hello darkness my old friend.
In den vergangenen Wochen war ich in einer Phase der Dunkelheit. (Nicht nur weil Winter ist und die Sonne kaum zu sehen ist).
Eine Phase, in der alle Routinen und Maßnahmen, die ich so betreibe, um in der Schule und auch darüber hinaus in meiner Kraft zu sein, keine Wirkung gezeigt haben.
Ständig müde, lustlos, schnell am Limit und dünnhäutig. Eine Phase, in der ich mich eigentlich permanent gerne zurückgezogen hätte und mit niemandem gesprochen hätte. Es war auch eine Zeit, in der mir irgendwie die Perspektive fehlte.
Die Schule hat mich richtig geschafft, ich bin jeden Tag mit dickem Kopf und schlechter Laune nach Hause gefahren und hatte keine Ideen und keinen Sinn mehr für Lösungen.
Ein echter Tiefpunkt.
Anfangs habe ich versucht zu reframen, so ehrlich will ich hier schon sein. Ich habe mir erzählt ich sei kraftvoll genug alles zu stemmen, ich habe versucht das Positive in allem zu suchen, das was gut gelaufen ist, ich habe mir gesagt es hat alles einen Sinn und so weiter und so fort.
Aber nichts davon hat mir geholfen. Denn da blieben die Gefühle von Machtlosigkeit gegenüber der Situation, von Frust und Wut. Wut auf mich, weil ich gerade so destruktiv war, Wut auf andere, die mich einfach angestrengt haben.
Irgendwann hab ich gemerkt, dass hinter allem einfach Schwäche steckt. Ich war nicht stark genug für die Situation, in der ich mich befand. Ich habe gespürt, dass ich verletzlich bin, dass mir die Situation, so wie sie gerade ist, zu viel wird.
Es hat mich unfassbar viel Überwindung gekostet mir einzugestehen: Ich bin zu schwach dafür.
(Denn das ist gar nicht meine Art. So will ich einfach nicht gesehen werden. So will ich mich selbst nicht sehen.)
Und dann um Hilfe zu bitten. Aber ich habe es gemacht.
Bei meinem Team. Bei meiner Chefin. “Ich kann (das so) nicht mehr.”
Ohne es schön zu reden. Ohne anderen die Schuld dafür zu geben. Ich habe die Verantwortung voll für mich übernommen.
Was ist passiert?
Erstmal war da eine große Erleichterung für mich. Erleichterung, weil ich mir eingestehen konnte, dass ich gar nicht immer stark sein muss. Erleichterung, dass ich mir Hilfe gesucht habe. Dass ich gar nicht alleine die Lösungen finden musste. Erleichterung, weil ich ein tolles Team und eine tolle Chefin habe, die Verständnis für mich hatten und mich aufgefangen haben. Und nun tun sich Stück für Stück Möglichkeiten auf.
Wenn ich reframe, kann es manchmal sein, dass ich mir bestimmte Möglichkeiten nehme. Bestimmte Erfahrungen nehme.
Es ist wichtig die Dinge manchmal einfach ganz klar und ungeschönt beim Namen zu nennen.
Ich bin gescheitert.
Ich habe einen Fehler gemacht.
Ich bin schwach.
Ich bin überfordert. …..
Von dem Punkt aus zeigen sich dann nämlich Wege und Möglichkeiten auf. Von dort aus kann man nächste Schritte gehen.
Hallo Dunkelheit, mein alter Freund! Wenn ich den Mut habe dich zu sehen, wenn ich den Mut habe dich zu fühlen und dir Raum zu geben, wie auch immer du dich zeigst, wenn ich den Mut habe, mich von dir in den Arm nehmen zu lassen ohne das Licht in dir zu suchen, dann können Wunder entstehen.